Kommissar Dupins neunter Fall
D 2020, Verlag Kiepenheuer & Witsch
„Käse gehörte zu Dupins Grundnahrungsmitteln“
Kommissar Dupin ist zu einer Fortbildung in Saint-Malo, unglücklicherweise begleitet von seinem Chef Locmariaquer. Das Thema „Zusammenarbeit bei der Polizeiarbeit“ reisst ihn nicht vom Hocker, doch wie immer erforscht er die kulinarischen Spezialitäten, die die Bretagne an dieser Stelle zu bieten hat. Da geschieht ein Mord. Direkt in seiner unmittelbaren Umgebung, auf dem Marché de Saint-Servan, ermordet eine Spitzenköchin eine andere Spitzenköchin, die nur eine Konkurrentin war, sondern auch die Schwester der Mörderin, wie sich hinterher herausstellt. Für die Seminarleitung ist der Mord eine gelungene Gelegenheit, die polizeiliche Zusammenarbeit in der Realität zu testen. Dupin soll mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus anderen Präfekturen zusammenarbeiten, um den Mord aufzuklären. Denn obwohl die Täterin eigentlich feststeht, ist das Motiv ein Rätsel. Ging es tatsächlich um berufliche Rivalität? Oder sind familiäre Gründe für die Tragödie verantwortlich? Die Täterin spricht nicht. Noch während das zusammengewürfelte Ermittlertrio versucht, die Hintergründe der Tat aufzuklären, geschieht ein zweiter Mord. Und dieses Mal kann es nicht die Verdächtige gewesen sein.
Obwohl die eigentliche Handlung spannend ist und diverse Überraschungen bereithält, ist auch dieses Mal wieder die Bretagne die Hauptfigur. Der Krimi liest sich wie ein Reiseführer zu den kulinarischen Höhepunkten in der Gegend um Saint-Malo. Der Autor schwärmt vom Maison du Beurre, von Langoustines rôties, Seeteufel mit Consommé aus Meeresspinne mit Litschi und allen anderen Köstlichkeiten. Nebenbei erhält die Leserin Kenntnisse über Land und Leute, über die Geschichte und die wunderbare Stadt, vor allem der Bereich innerhalb der Stadtmauern, Entre Muros.
Die menschlichen Protagonisten sind wie immer liebevoll gezeichnet, allen voran Kommissar Dupin mit seiner Mannschaft Nolwenn, Riwal, Le Menn, Nevou und Kadeg, die im Hintergrund für ihn bereit steht, ganz egal, wo er ermittelt. Aber auch Monsieur Locmariaquer kann man sich gut vorstellen. Er scheint ein Bruder von Vice Questore Patta zu sein, Vorgesetzer von Commissario Brunetti von Donna Leon. Überhaupt bedienen beide Autor:innen das gleiche Genre: gute Krimis mit viel Lokalkolorit, sympathischen Hauptpersonen und ein buntes Panoptikum von Hilfspersonal im Hintergrund, bei dem man sich als Leserin immer freut, sie wieder zu sehen.
„Bretonische Spezialitäten“ ist ein wunderbarer Urlaubskrimi, vor allem, wenn man vor hat, in die Bretagne zu reisen. Saint-Malo gehört auch zu meinen Lieblingsstädten und ich wünschte, ich hätte den Krimi schon vor zwei Jahren gelesen. Allerdings hätte ich trotzdem viel verpasst, denn mit einem altersschwachen Hund im Schlepptau sind die Sightseeing-Möglichkeiten eng begrenzt. Und in Saint-Malo muss man gut zu Fuß sein.