Leon Sachs: Falsche Haut

D 2016, emons Verlag

Frage einen Franzosen nie, was im Zweiten Weltkrieg wirklich passiert ist. Er wird es nicht mögen und dich auch nicht.

Cover von Falsche Haut

Copyright: Emons Verlag

Der Thriller spielt zwar in der heutigen Zeit, doch die Wurzeln des Geschehens liegen in der Nazizeit in Frankreich. Alexander Kauffmann, Dozent an der Universität Fribourg in der Schweiz, wird von seiner Freundin Natalie um Hilfe gebeten. Ihr Adoptivvater, der ehemalige KZ-Häftling Regis Villeneuve, ist im Alter von über 90 in Paris gestorben. Er war relativ überraschend gestorben, obwohl er schon so alt war. Natalie und Alexander, beides ebenfalls Juden, sind seit der Kinderzeit, die sie beide in einem Waisenhaus verbracht haben, eng befreundet. Als er nach Paris kommt, finden sie heraus, dass Regis seit langer Zeit erpresst wurde. Er solle sein Wissen für sich behalten oder man würde Natalie töten. Niemand kann sich erklären, worum es in dieser Drohung geht, doch Alexander und Natalie machen sich auf die Suche. Sie wollen herausfinden, wer den Brief geschickt hat und was der alte Mann wusste. Als auch noch beim Notar der Familie eingebrochen und das Testament gestohlen wird, ist klar, dass es um eine wichtige Sache gehen muss. Zunächst geht es nicht weiter, doch der alte Mann hat ihnen weitere Hinweise hinterlassen. Alexander und Natalie gehen ihnen nach. Der Weg führt sie zunächst in die Schweiz und dann wieder zurück nach Frankreich. Dabei kommen sie einer mächtigen Organisation viel zu nahe und stellen schnell fest, dass sie wirklich niemandem trauen können.

Die Story verharrt nicht in der Vergangenheit. Die Verbrecher der damaligen Zeit haben sich ins hier und jetzt gerettet und eine schlagkräftige Organisation aufgebaut, die vor nichts zurückschreckt, um ihre Pfründe zu schützen. Das ist gar nicht so fern von der Realität. Da haben viele Bonzen von damals es geschafft, auch nach dem Krieg wieder in hohe Positionen zu kommen. Das war bei uns nicht anders.

Der Thriller erinnert ein wenig an Dan Browns „Sakrileg“, ist nicht ganz so stark nach Hollywood ausgerichtet, aber auch ziemlich gut. Die Schnitzeljagd durch die Schweiz und Frankreich eröffnet dem Leser einen Blick auf Frankreich aus einer ganz anderen Perspektive. Das Thema der französischen Nazizeit ist mir zumindest in Thrillern noch nicht häufig begegnet. Auch sonst ist es kein Thema, das einem in Verbindung mit dem Gedanken an Frankreich sofort einfällt. Ich erinnere mich eigentlich nur an ein paar Filme, darunter „Die letzte Metro“ mit Catherine Deneuve und Gerard Depardieu von Meisterregisseur François Truffaut.

Der Autor kennt sich mit dem Thema gut aus. Ich frage mich, warum er es gewählt hat. Vielleicht gibt es familiäre Hintergründe? Auf jeden Fall hat er aus diesem düsteren Kapitel der Geschichte einen gelungenen Übergang ins moderne verbrecherische Frankreich geschaffen. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass die Franzosen das Buch nicht so gut finden. Einer der Protagonisten bringt es auf den Punkt: „Frage einen Franzosen nie, was im Zweiten Weltkrieg wirklich passiert ist. Er wird es nicht mögen und dich auch nicht.“ Nicht alle Franzosen waren in der Résistance und der Hass auf die Juden hält sich bei einigen bis heute. Das scheint international so zu sein. Manche werden einfach nicht schlauer.

Ein sehr gut geschriebener Thriller, der ein schlimmes Kapitel der Vergangenheit anpackt und dabei spannend ist und voller überraschender Wendungen steckt. Absolut lesenswert.

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