D 2018, Ullstein Verlag
Wenn du noch eine Mutter hast, so danke Gott und sei zufrieden …
In einem einst herrschaftlichen Anwesen, inzwischen ziemlich heruntergekommen, das zu einem alten Firmengelände gehört, wird die Leiche des 80jährigen Theodor Reifenrath gefunden. Ehemals der Betreiber der Firma, lebt er inzwischen allein in dem Gebäude. Nur das Nachbarsmädchen besucht ihn von Zeit zu Zeit und sie findet auch die Leiche. Bei der Untersuchung des Todesfalls finden die Ermittler Pia Sander und Oliver von Bodenstein einen halbtoten Hund, den jemand ohne Futter und Wasser im Hundezwinger eingesperrt hat. Der Hund hatte inzwischen vor Verzweiflung die Betonplatte unter dem Zwinger aufgekratzt, weil er etwas Essbares darunter erschnüffelt hatte. Bei näherem Hinsehen stellen sich die Knochen als menschliche Überreste heraus.
Weitere Untersuchungen können die Identität der Leichen klären: es handelt sich um Frauen verschiedenen Alters, die im Laufe der letzten Jahrzehnte verschwunden waren. Die einzige Gemeinsamkeit scheint ihr Geschlecht zu sein. Daraufhin wird die Vergangenheit von Theo Reifenrath genauer unter die Lupe genommen. Er und seine Frau Rita hatten früher über viele Jahre Pflegekinder im Auftrag des örtlichen Jugendamts aufgenommen. Zudem hatten sie ihren Enkel bei sich aufgezogen. Doch eines Tages war Rita spurlos verschwunden, angeblich war sie mit einem andern Mann abgehauen. Reifenrath hatte noch bis zu seinem Tod mit einigen der Pflegekinder Kontakt gehabt. Je tiefer Pia Sander und ihre Kollegen in die Vergangenheit eintauchen, desto entsetzlicher stellt diese sich dar. Eine Geschichte von Missbrauch und Unglück liegt vor ihren Augen. Und es scheint, als wären die Leichen unter dem Hundezwinger nicht die einzigen Frauen, die der Mörder getötet hat.
War Theo Reifenrath ein Serienmörder? Als noch mehr Todesfälle, auch aus jüngerer Zeit, auftauchen, scheint das nicht sehr wahrscheinlich zu sein. Schließlich war der Mann über 80. Doch dann verschwindet noch eine Frau, und zwar nicht irgendwer, sondern Pias Schwester. Die Kripo verdoppelt ihre Anstrengungen. Kann sie den Mörder früh genug finden?
Nach langer Zeit habe ich endlich mal wieder einen Krimi von Nele Neuhaus gelesen. Die ersten haben mir schon sehr gut gefallen, doch dann hatte ich die Autorin irgendwie aus den Augen verloren. So viele Bücher, so wenig Zeit! Doch dann fiel mir „Muttertag“ in die Hände und ich habe mich voller Erwartung in die Geschichte gestürzt. Ich wurde nicht enttäuscht. Zuverlässig liefert die Autorin einen spannenden Krimi um ihr Ermittlerduo Pia Sander und Oliver von Bodenstein. In sich logisch und auch so geschrieben, dass man die anderen Bücher nicht gelesen haben muss, um Spaß zu haben und den Plot zu verstehen. Man fiebert mit den Protagonisten mit und auch die Nebenhandlung um die junge Fiona aus Zürich, die nach dem Tod ihrer Mutter erfährt, dass diese nicht ihre leibliche Mutter war und sich auf die Suche nach ihrer Herkunft macht, wobei sie den Weg des Mörders kreuzt, packt die Leserin sofort.
Es ist natürlich meine persönliche Einstellung, aber ich habe eine Abneigung gegen Bücher oder Serien, die unterhaltsam – vielleicht sogar bissig – beginnen und dann abdriften in eine hochdramatische Geschichte mit äußerst unglücklichen, einsamen, depressiven usw. Charakteren. In den letzten Jahren schien das eine Art Trend zu werden und dann verliere ich den Spaß daran. Und beim letzten Band, den ich vor Jahren gelesen habe, hatte ich genau diese Befürchtung. Glücklicherweise ist es nicht eingetreten. Das Buch liest sich trotz seines Umfangs (550 Seiten: ich liebe dicke Bücher!) weg wie nichts.
Es ist eine gute Idee des Verlags – natürlich auch sehr werbewirksam – auf eine Folie um das Buch zu verzichten und stattdessen nur einen kleinen Plastikstreifen zu verwenden, der das Buch als „jungfräulich“ kennzeichnet.