Tess Gerritsen: Leichenraub

OT: The Bone Garden, USA 2007, D 2008

Ich bin kein Fan von historischen Romanen, auch nicht von Thrillern, die in der Vergangenheit spielen. Doch dieser hier ist vom Thema her eigentlich interessant. Im Jahre 1830 waren Fälle von Kindbettfieber mehr als häufig. Frauen, die in Hospitäler gingen, um dort zu entbinden, starben wie die Fliegen unter großen Schmerzen und unter unglaublichen hygienischen Zuständen. Es wurden die aberwitzigsten Therapien versucht. Eine der häufigsten war der Aderlass, doch geholfen hat er wohl kaum, eher die armen Frauen noch zusätzlich geschwächt. Die eigentliche Ursache dafür war noch nicht gefunden. Ein junger Arzt, Oliver Wendell Holmes (1809−1894), kam zeitgleich mit Ignaz Semmelweiß (Ungarn, 1818 – 1865) auf die Idee, dass die Ursache in Bakterien liegen könnte, die von den Ärzten von untersuchten Leichen auf die armen Frauen übertragen wurde. Der Heiler war gleichzeitig der Verursacher der Krankheit.

In dieser Zeit spielt die Geschichte der tapferen irischen Einwanderin Rose Connelly, deren Schwester Aurnia in einer diese Entbindungsstationen elendig am Kindbettfieber stirbt. Rose nimmt ihre kleine Nichte zu sich, obwohl sie selbst kaum überleben kann in einer Welt, wo Frauen nichts wert sind und die Iren als Lügner und schlimmeres verschrien. Im Krankenhaus lernt sie den Medizinstudenten Norris Marshall kennen. Doch auch diesem geht es nicht wesentlich besser: er muss sein Studium als Leichenräuber finanzieren, denn zum Studium des menschlichen Körpers werden Leichen dringend gebraucht, und da man keine legal besorgen kann, werden sie eben aus dem Grab geholt. Ein scheußlicher Gelderwerb, doch es bleibt ihm nichts anderes übrig. Doch sein Leben wird noch schwieriger: in Boston geht ein Mörder um, der Boston Reaper, und da Norris das Pech hatte, gleich zwei der Opfer zu kennen, wird er schnell zum Hauptverdächtigen. Auch Rose hat Probleme: sie wird von mächtigen Menschen verfolgt, die ihr das Kind ihrer Schwester nehmen wollen. Doch das lässt sie sich nicht gefallen.

Ich hätte es interessant gefunden, wenn der Roman seinen Fokus mehr auf das Kindbettfieber, die Ursachen und die Person des Arztes Oliver Wendell Holmes gerichtet hätte. So läuft es doch mehr auf eine Geschichte à la Jack the Ripper hinaus. Der Thriller ist dennoch interessant, wenn auch die Teile, die in der Gegenwart spielen, arg vorhersehbar sind. Ganz nett, aber es hat mich nicht vom Hocker gerissen.

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