Karin Slaughter: Cop Town – Stadt der Angst

Copyright: blanvalet Verlag

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OT: Cop Town, USA 2014, D 2015, blanvalet Verlag

1974 hat Kate Murphy ihren ersten Tag bei der Polizei. Sie ist Witwe, ihr Mann ist im Vietnam-Krieg gefallen und als Tochter aus einem wohlhabenden jüdischen Hause ist sie in der bornierten Machowelt der Polizei von Atlanta, Georgia, im Grunde vollkommen fehl am Platz. Das wird ihr auch direkt am ersten Tag klargemacht. Die Männer lassen sie spießrutenlaufen, allein schon durch die viel zu große Polizeiuniform wird sie lächerlich gemacht und nicht einmal ihre Geschlechtsgenossinnen stehen ihr freundlich gegenüber. Am liebsten würde sie den Job direkt am ersten Tag wieder schmeißen. Doch sie muss zunächst mit Officer Jimmy Lawson auf Streife. Dieser hat am frühen Morgen seinen Partner verloren, anscheinend durch den Shooter, einen Polizistenmörder, der bereits vier Cops erschossen hat. Jimmy ist mit dieser Begleitung äußerst unglücklich. Sobald er kann, schiebt er Kate zu seiner Schwester, Officer Maggie Lawson, ab. Maggie ist nicht erfreut, die Neue aufs Auge gedrückt zu bekommen, umso mehr, als sie die Unterschiede zwischen ihnen sofort bemerkt. Familie Lawson ist aus der weißen Unterschicht, Kate das völlige Gegenteil. In Maggies Augen vereinigt sie sozusagen mehrere Minuspunkte in einer Person. Kate muss noch eine Menge lernen, sie hat von der Gefahr und der allgegenwärtigen Gewalt um sie herum nicht die leiseste Ahnung.

Die ganze Stadt ist in Aufruhr. Alle Polizisten, mehr vom Adrenalin als vom Gehirn gesteuert, sind auf der Suche nach dem Shooter. Doch Kate und Maggie sind der aufgehetzten Meute weit voraus. Sie ermitteln quasi per Zufall. Maggie weiß, dass ihr Bruder lügt, weiß aber nicht, warum und inwiefern. Und Kate hört durch einen befreundeten Arzt, dass rein medizinisch die Geschichte, die Jimmy erzählt hat, nicht stimmen kann. Alles deutet darauf hin, dass der junge Polizist und sein Partner mehr als Arbeitspartner waren. Doch in der damaligen Zeit darf das auf gar keinen Fall sein und erst recht nicht bei der Polizei. Echte Männer machen solche widerlichen Schweinereien nicht!

Kate und Maggie ermitteln heimlich weiter, gegen alle Widerstände, der Kollegen und auch aus der eigenen Familie. Dabei kommen sie dem wahren Motiv und damit dem Täter immer näher.

Mein erster Thriller von Karin Slaughter. Das war wieder eines der Bücher, die ich gar nicht lesen wollte. Er beginnt im November 1974 und ich lese eigentlich nicht gern Sachen, die „gestern“ spielen. Weil es aber ein Geschenk war, habe ich das Buch dennoch angefangen zu lesen und ich habe es nicht bereut. Er ist gut geschrieben, superspannend und in sich logisch.

Auf Seite 30 war ich schon stinksauer, denn wenn mich etwas sauer macht, ist es dummes Machotum. Ein kleines bisschen Macho ist ja ganz unterhaltsam, aber diese ganze idiotische Einstellung, dass Frauen nur für die drei K da sind und ansonsten nichts zu melden haben, die bringt mich unfehlbar auf die Palme. Und dazu passt auch die Einstellung der restlichen Protagonisten: Schwule, Schwarze, Intellektuelle, Ausländer, Juden, alles etwas, was man bekämpfen muss. Und dann denkt man, na ja, wir sind ja 40 Jahre weiter, die Welt hat sich glücklicherweise weiterentwickelt… und man guckt Richtung Sachsen und auch vor der eigenen Haustür und plötzlich scheint so mancher ganz genau auf dem Weg zurück in diese Zeit.

Die 70er Jahre waren in den USA nicht gerade lustig: der Vietnamkrieg gerade zu Ende, Rassenunruhen, meist hervorgerufen durch die Misshandlung Schwarzer durch weiße Polizisten, Ölkrisen, Watergate und und und. Der Thriller um die Geschichte zweier Frauen als Vehikel vermittelt dem Leser diese Atmosphäre sehr unmittelbar. Man wird davon emotional berührt, ganz anders, als wenn man es nur als „Geschichtsbeschreibung“ liest. Und man könnte den Titel des Thrillers auch nennen: „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.“

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