Roger Smith: Stiller Tod

OT: Capture, GB 2012, D 2012, Tropen Verlag

Obwohl in England veröffentlicht, spielt der Thriller in Südafrika. Und wie „Jassy Mackenzie: Todeskälte“ zeigt es nicht die Traumstrände und die wunderbare Landschaft, sondern die üblen Seiten des Landes.

Schon die ersten beiden Seiten sind sehr schockierend: die vierjährige Sunny Exley ertrinkt und ein Mann guckt zu und… macht nichts. Lässt das Kind einfach sterben, weil er sich davon einen Vorteil verspricht. Der Mann ist Vernon Saul, ein Wachmann und Expolizist. Er bewacht die Häuser der Reichen und Weißen und er hasst sie.

Durch einen Trick schleicht er sich in das Vertrauen von Nick Exley, Sunnys Vater, und hat ihn schnell in der Hand. Genauso hat er auch Macht über die schwarze Stripteasetänzerin Dawn Cupido. Sie steht unter seinem Schutz, doch auch sie muss dafür zahlen. Vernons Existenz führt für jeden Menschen in seiner Umgebung zu Tod und Verzweiflung.

Dieser Thriller ist fast ein Kammerspiel: alles dreht sich hauptsächlich um drei Personen. Und die Handlung ist wie eine Lawine von Schuld, die immer größer wird, während sie rollt und immer mehr Menschen mit sich reißt. Es gibt kein Entkommen. Diesen aufhaltsamen Ablauf der Katastrophe erlebt man als Leserin mit, ohne sich dem entziehen zu können. Dieser Sog wird vor allem über den Gebrauch des Präsens erzeugt. Man erlebt sozusagen alles direkt mit.

Die Gesellschaft, die Roger Smith darstellt, hat alle Bestandteile der Hölle. Die Apartheid ist zwar angeblich weg, doch der Hass und die Verachtung zwischen Schwarz und Weiß, ebenso wie die extremen Gegensätze zwischen den Reichen in ihren abgeschotteten, von Zäunen, Videoanlagen und Wachleuten bewachten Häuser und den Armen, die in den Slums leben und ihren Lebensunterhalt auf eine menschenunwürdige Weise verdienen müssen. Als Leser weiß man, warum Vernon Saul solch ein Unmensch geworden ist, und dass sein Schicksal kein Einzelfall ist. Nicht jeder wird dadurch zum Ungeheuer, doch eine solche Kindheit bzw. Umgebung kann fast jeden Menschen brechen. Dennoch hat man für den Mann keinen Funken Sympathie. Man hofft bis zum Ende des Thrillers, dass irgendwer die Spirale der Gewalt irgendwie aufhalten kann. Unheimlich spannend!

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