OT: Tørst, Norwegen 2017, D 2017, Verlag Ullstein
Ein norwegischer Drakula
Harry Hole ist aus dem Polizeidienst ausgestiegen. Auf keinen Fall will er zurück zur Mordkommission. Zum ersten Mal hat er ein Leben und wacht morgens mit einem guten Gefühl auf. Er hat zwar immer noch Alpträume von dem Mann mit dem Dämon auf der Brust, doch seine Frau Rakel ist dagegen das beste Mittel.
Doch dann wird eine junge Frau auf abscheuliche Art ermordet. Offensichtlich suchte der Täter sein Opfer über die Dating-App Tinder. Die Kommissarin Katrine Bratt übernimmt den Fall, doch Polizeichef Bellmann will Harry. Durch Erpressung überredet er ihn, bei der Lösung des Falles zu helfen. Was zunächst aussieht wie ein einzelner Mord, scheint nach einem zweiten Mord nach kurzer Zeit doch auf einen Serienmörder zu deuten. Dieser ist offensichtlich ein total gestörter Vampirist, der es liebt, das Blut seiner Opfer zu trinken. Er tötet die Frauen mit einem Eisengebiss. Dann verschwindet eine junge Frau, eine Kellnerin aus Harrys Stammkneipe. Harry bekommt das Gefühl, dass die Morde irgendwie mit ihm zu tun haben und vermutet, dass er den Täter kennt.
Ich habe schon lange keinen Krimi von Jo Nesbø gelesen und ich hatte ganz vergessen, wie gut er ist. Ich schätze, er und Jeffrey Deaver sind Brüder im Geiste. Auch hier gibt es unerwartete Wendungen und überraschende Ereignisse, obwohl man es ja eigentlich erwartet. Es gibt relativ viele Figuren, nicht nur Harry, der sich von seinem „Dirty-Harry“-Image langsam wegentwickelt hat, sondern auch Rakel, seine Frau und Oleg, ihren Sohn, einen Polizeischüler, dann diverse Kollegen, Journalisten und andere. Jede Nebenfigur wird einprägsam beschrieben, ganz anders, als man es manchmal in Krimis erlebt. Natürlich kommt genau dadurch auch dieser Effekt zustande, dass man als Leserin eigentlich ständig auf der falschen Spur ist. Diese Art zu schreiben hat Methode, doch ich finde das gerade sehr spannend, auch wenn es hier relativ viele Twists and Turns gibt.
Ein sehr spannender Krimi, den ich trotz seiner brutalen Beschreibungen in einem Rutsch durchgelesen habe.