OT: Blue, USA 1998, D 2002 Ullstein, D 2012 Prospero
„Blue“ gehört zur Reihe „Krimiköniginnen“, die jetzt neu vom Prospero-Verlag herausgegeben wurde.
Wenn Sie es gern simpel haben, simple Sprache, simple Geschichte, dann ist dieser Krimi nichts für Sie. Wenn Sie homophob sind, ist dieser Krimi auch nichts für Sie. Wenn Sie wilde Verfolgungsjagden brauchen: Vergessen Sie es! Ganz falsches Buch. Für alle anderen: Wagen Sie den Versuch.
Blue McCarron ist eigentlich Dr. Blue McCarron, Sozialpsychologin. Nachdem sie von heute auf morgen von ihrer Liebhaberin Misha ohne eine Nachricht verlassen wurde, lebt sie ganz allein in der kalifornischen Wüste, in einem halbfertigen Motel mit ihrer Doberman-Hündin Brontë. Eigentlich wollte sie sich auf nichts mehr einlassen, außer Geld zu verdienen und ihre Ruhe zu haben. Sie kennt die Wüste wie ihre Westentasche und ist dort häufig allein unterwegs. Normalerweise verdient sie ihre Brötchen damit, den Unterschied zwischen den Geschlechtern zu analysieren, oder herauszufinden, warum ein Einkaufscenter nicht läuft. Daten und Analysen sind ihr Ding.
Eines Tages schneit ein Mann in diese Einsamkeit. Seine ältere Schwester, Muffin Crandall, sitzt wegen Mordes im Gefängnis. Sie soll vor fünf Jahren einen Einbrecher ermordet haben, dann in ein Kühlhaus geschafft und dort eingefroren haben. Unglücklicherweise gab es ein technisches Problem und taute wieder auf.
Wider besseres Wissen lässt Blue sich darauf ein und landet in einem Wespennest. Da fängt schon damit an, dass Muffin überhaupt nicht aus dem Gefängnis raus will, sondern sich als verrückte alte Tante gibt. Je weiter Blue in ihren Nachforschungen geht, desto mehr wird ihr eigenes Leben in die Geschichte verwickelt. Sie ist näher dran an den Ereignissen als sie ahnt.
Für Dummköpfe ist das nicht das richtige Buch. Es ist witzig, ohne das offen zu sein, nur durch die Art der Erzählung. Man lacht sozusagen zwischen den Zeilen. Es ist klug geschrieben und die Hauptfigur ist einem sofort sympathisch. Auch die anderen Personen, die schwarze Psychologin Roxie, BB, der schneidernde Leibwächter, ihre Familie und die etwas ungewöhnlichen alten Damen, mit denen sie es zu tun bekommt, alle sind sehr präsent. Nur der Superbösewicht bleibt eigenartig blass.
Es erinnert ein bisschen an die Ariadne-Krimis vom Argument-Verlag, die in den 80er und 90er Jahren vor allem in der Lesbenszene sehr beliebt waren. Krimis vom weiblichen Standpunkt, mit der einen oder andern leicht esoterisch angehauchten Geschichte und einer ordentlichen Portion Feminismus. Hier ist es ähnlich, allerdings keine Esoterik, doch Frauenpower genug. Es hat mir sehr gut gefallen, doch ich bezweifle, dass meine bessere (männliche) Hälfte dasselbe Vergnügen beim Lesen hätte.