USA 2015, D2015, Diogenes Verlag
Commissario Brunettis 24. Fall
Du gehörst mir!
Opernsängerin Flavia Petrelli ist zurück in Venedig, um die Rolle der Floria in „Tosca“ zu singen. Commissario Brunetti war schon zweimal in einen Fall verwickelt, der Flavia betraf, doch das ist lange her. Als seine Schwiegereltern Flavia, ihn und seine Frau zum Essen einladen, kommt das Gespräch auf einige seltsame Ereignisse. Flavia wird in letzter Zeit mit gelben Rosen überschüttet, nicht nur im Teatro de Fenice, sondern auch in ihrer Garderobe und es sind nicht nur einige wenige, sondern hunderte. Dann findet sie weitere Rosen vor der Tür ihrer Wohnung in einem Haus, das einem Bekannten gehört. Was normalerweise wie eine Huldigung aussieht, erscheint mehr und mehr bedrohlich. Brunetti verspricht, sich der Sache anzunehmen, denn es kommt auch ihm nicht normal vor.
Kurze Zeit später eskalieren die Ereignisse: eine junge Sängerin, deren Stimme Flavia Petrelli sehr eindrucksvoll fand, wird von einer Brücke gestoßen und schwer verletzt. Während Brunetti sofort einen Zusammenhang vermutet, ist Flavia nicht so leicht zu überzeugen, dass der Überfall mit ihr zu hat, oder vielmehr, sie will es nicht glauben. Doch das nächste Ereignis, ein Mordversuch an ihrem Vermieter, lässt keine Deutung zu: Jemand will sich in ihr Leben drängen. Doch wer? Und warum?
Inzwischen ist Commissario Guido Brunetti einer der bekanntesten Kommissare in Deutschland, nicht zuletzt durch die Verfilmungen mit Joachim Krol bzw. Uwe Kokisch, wobei ich letzteren in der Rolle lieber mag. (Michael Degen als Vice-Questore Patta ist sowieso unschlagbar.) Die Familie Brunetti ist der Leserin über die Jahre ans Herz gewachsen, auch wenn sie natürlich viel zu idyllisch ist. Paola, Guido, die Kinder Rafi und Chiara, diese ganze wohlerzogene, intellektuelle, ziemlich wohlhabende Welt von Venedig, dieser wunderschönen Stadt, die sich langsam in Disneyland verwandelt: manchmal ist es ein bisschen zu dick aufgetragen. Trotzdem schreibt Donna Leon kenntnisreich über die Welt der „echten“ Venezianer. Die Welt scheint dort tatsächlich noch relativ in Ordnung zu sein, wenn man von den üblichen Straftaten mal absieht. Echte Gewaltverbrechen sind die Ausnahme. Die Geschichte selbst ist nicht neu und schon oft erzählt worden, doch das stört überhaupt nicht. Gut geschrieben, sympathische Protagonisten und nette kleine Geschichten am Rande, zum Beispiel der Streik von Signorina Elletra, Computergenie und vollkommen gewissenlos, die sich weigert, für ihren Chef Patta und seinen Vasallen Scarpa zu arbeiten, Vianello, der in die Welt der Oper eingeführt wird, und vor Begeisterung gar nicht weiß, was er sagen soll. All diese Geschichten machen die Story lebendig. Zudem hat dieser Krimi ein ungewöhnlich dramatisches Ende, passend zum Thema.
Voller Vergnügen liest man sich durch das Buch und wenn dabei ein guter italienischer Rotwein neben dem Sofa steht, schadet das überhaupt nicht.