OT: The broken windows, USA 2008, D 2009
Der achte Fall des querschnittsgelähmten Spurenexperten Lincoln Rhyme und seiner Freundin, der rothaarigen Polizistin Amelia Sachs. Während Rhyme eigentlich damit beschäftigt ist, einen Fall in England zu bearbeiten, taucht die Frau seines Cousins bei ihm auf und bittet ihn um Hilfe. Arthur Rhyme ist wegen Vergewaltigung und Mord angeklagt und sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Lincoln ist hin- und hergerissen. Einerseits hat er seinen Cousin und dessen Familie seit seinem Unfall nicht mehr gesehen, andererseits… Blut ist eben dicker als Wasser.
Bei näherer Betrachtung des überwältigenden Beweismaterials fällt ihm auf, dass eine solche Fülle an zweifelsfreien Beweisen einfach ein wenig zu viel des Guten ist. Es liegen derart viele forensische Beweise vor, plus eines anonymen Zeugen, der die Polizei auf das Fahrzeug des Täters hingewiesen hat, dass sofort sämtliche Alarmglocken schrillen. Das Ganze kann nur inszeniert sein. Dazu kommt, dass er selbst seinen Cousin zwar lange nicht gesehen hat, ihn aber dennoch gut kannte und ihn sich in der Rolle eines gewalttätigen Mörders nicht vorstellen kann und auch die Ehefrau steht auf seiner Seite. Nach kurzen Nachforschungen stellt sich heraus, dass der Mord in ein Schema passt. In den letzten Jahren gab es einige Fälle, die sehr ähnlich gelagert waren. Lincoln und Amelia fangen ernsthaft an zu ermitteln.
Die Inszenierung von Unschuldigen als Mördern weist darauf hin, dass der Täter erstaunlich intime Kenntnisse sowohl über die Opfer als auch über die vermeintlichen Täter haben muss, weit mehr Wissen, als es dem Normalbürger möglich ist. Die Ermittler wenden sich an eine Datensammler-Firma und stellen in kürzester Zeit fest, was Big Brother alles weiß. Selbst dem Leser stellen sich die Haare auf. In unserer vernetzten Welt kann jemand, der Daten in großem Stil sammelt, fast alles über eine Person herausfinden, in Amerika noch stärker als bei uns, denn hier bei uns wird noch relativ viel bar gezahlt, ganz im Gegenteil zu den Einkäufen mit Kreditkarte, die in den USA gang und gäbe sind. Diese Firmen erfahren alles über Kaufgewohnheiten (was, wo, wie oft, in welchen Mengen gekauft – dank z. B. Payback), Urlaubsbuchungen, Krankheiten, Medikamente, welcher Job, Einkommenstatus, Anzahl der Kinder und, und, und… Es nimmt kein Ende. Man stelle sich vor, was dieses Wissen in den falschen Händen bewirkt. George Orwell lässt grüßen. Und so weit ist das nicht von der Realität entfernt. Die meisten Menschen machen sich keine großen Gedanken, wem sie ihre Daten verraten, z. B. Facebook und Co. Man sollte das Buch zur Pflichtlektüre machen.
Abgesehen von der sehr interessanten Rahmenhandlung ist der Thriller ein typischer Deaver. Er ist unheimlich spannend und voller Ablenkungsmanövern und Verwirrspielen. Ich habe schon einige Bücher von ihm gelesen und weiß eigentlich, wie er tickt, und dennoch falle ich immer wieder auf falsche Spuren herein. Auch dieses Mal wieder, natürlich. Und das gleich zweimal. Der Roman heißt „Der Täuscher“ und mit diesem Titel wird nicht so sehr der Inhalt als vielmehr der Autor beschrieben. Einfach super.