Daniel Silva: Der Raub

Hörbuch

2015, audio media Verlag
gelesen von Michael Schwarzmaier (gekürzte Lesung)
6 CDs, 459 Minuten

Julian Isherwood, ein Londoner Kunsthändler, wird von einem Bekannten namens
Oliver Dimblebee zu einer Reise an der Comer See überredet. Dort soll er
James Bradshore, einen reichen englischen Kunstsammler, beraten. Als
Isherwood am Lago di Como ankommt, findet er Bradshore in dessen Haus tot
vor: Er wurde grausam misshandelt und ermordet. – Szenenwechsel: Der
Restaurator Gabriel Allon arbeitet an einem Gemälde in einer der zahlreichen Kirchen Venedigs, als er Besuch von einem General der Carabinieri erhält. Dieser möchte, dass Gabriel herausfindet, wer den englischen Kunstsammler umgebracht hat, und warum; bevor wir uns wundern, warum ein Gemälderestaurator in einem Mordfall ermitteln soll, wird klar, dass Gabriel Allon nicht nur Kunstrestaurator ist, sondern außerdem ein
Agent und Berufskiller des israelischen Geheimdienstes ist, er soll sogar in Jahresfrist zum Chef des israelischen Geheimdienstes aufsteigen. Wer sich hier wundert und eventuell Zweifel an der Plausibilität und Seriosität dieses Agententhrillers bekommt, der kann sich bei Wikipedia davon überzeugen, dass der Autor Daniel Silva ein US-amerikanischer
Bestsellerautor ist, der schon etliche Thriller mit dem Kunstrestaurator Gabriel Allon in der Hauptrolle veröffentlicht hat. Sollte uns da etwas entgangen sein? Aber zunächst „weiter im Text“, später können wir die Frage wieder aufgreifen, ob diese etwas gewagte Konstruktion gelungen ist. Nach einigem Hin und Her nimmt Gabriel den Auftrag an. Er stellt fest, dass im Haus des ermordeten Engländers etliche übermalte Gemälde zu finden sind; unter der obersten Schicht verbergen sich bedeutende gestohlene Kunstwerke. Auch die Vergangenheit des ermordeten James Bradshore ist nicht ohne: Früher hatte er für den englischen Geheindienst MI6 gearbeitet, wurde Alkoholiker,
vom KGB erpresst, dem er Geheimnisse verriet; darüber hinaus kam er in kriminelle Kreise, wie die Kunstfälschungen verraten.

Auf dem Umweg über die gefälschten Gemälde hofft Gabriel zum Mordmotiv vorzudringen. Geraubte Kunstwerke werden anscheinend in einer solchen
Größenordnung gehandelt, dass dies nach Drogen, Falschgeld und
Waffengeschäften den viertgrößten Markt für kriminelle Aktivitäten bildet.
Ein Altarbild von Caravaggio aus dem 16. Jahrhundert ist seit vierzig Jahren verschwunden, auf dem Umweg der Suche nach den Mördern von Bradshore
wäre es ein schöner Nebeneffekt, diesen Caravaggio wiederzufinden. Dazu
werden Kunstfälscher in Paris, das Oberhaupt der korsischen Mafia, der
englische Geheimdienst und andere Kontakte bemüht, es geht international
zu, die Schauplätze wechseln in jedem Kapitel, und dem Hörer dieses Hörbuchs
droht der Überblick abhanden zu kommen. Nach einigen Recherchen stellt sich
heraus, dass es immer wieder Hinweise darauf gibt, dass mit dem riesigen
Vermögen der Familie des syrischen Staatspräsidenten im großen Stil
geraubte Kunstschätze gekauft wurden und werden.

Eine korsische Seherin kann Gabriel einige Hinweise geben. Der wichtigste ist, wie sich erst später herausstellen wird, der auf eine Frau, die ihn zur Wahrheit führen kann; Gabriel soll auf sie Acht geben, dass ihr nichts zustößt. Seiner Ehefrau und dem noch ungeborenen Kind werde nichts geschehen. Wer die geheimnisvolle Frau ist, wird erst später bekannt, zunächst steht noch alles um die Kunstfälscherszene im Vordergrund.
Um in die Kunstfälscher- und Hehlerszene zu kommen, raubt Gabriel mit zwei  Verbündeten van Goghs „Sonnenblumen“ aus dem Amsterdamer van-Gogh-Museum und
fertigt davon eigenhändig eine Fälschung an, die er als das vermeintlich echte Bild verkaufen will – das echte Bild wird natürlich später zurückgegeben. Der Verkauf gelingt, aber kurz nach der Übergabe wird der Mann erschossen, der das Bild geprüft und übernommen hat. Die Spuren weisen wieder nach Syrien, und nun wird die Szenerie nach Linz verlagert, wo sich ein Spross der syrischen Herrscherfamilie als Banker in eine kleine
Privatbank eingekauft hat. Gabriel mit seinen Gefolgsleuten vom israelischen
Geheimdienst sind ja eigentlich hinter dem Caravaggio-Bild her, über den
syrischen Banker reift aber nun der Plan heran, buchstäblich an versteckte
Milliarden US-Dollar des syrischen Präsidenten heranzukommen … Zum Schluss
wird es noch richtig spannend, nur so viel an dieser Stelle!

Das Hörbuch ist richtig gut gelesen, der Hörbuchsprecher und Schauspieler
Michael Schwarzmaier ist eine gute Wahl für diese Aufgabe. Auch insgesamt
ist das Hörbuch unterhaltsam, gar keine Frage. Ob das alles, was hier geschildert wird, wirklich plausibel ist, das sei dahingestellt. Klar. dass einem Thrillerautor auch schon mal die Phantasie durchgehen kann, der Leser oder Hörer wünscht dies ja auch ein Stück weit. Hier ist es manchmal etwas zu viel des Guten: zu viele Schauplätze, zu viele Personen, die dann eigentlich doch auf Dauer keine tragende Rolle spielen, zu viel gute Menschen, Killer und Geheimagenten gleichzeitig … Das Ganze ist dennoch gut erzählt, aber fast ein wenig zu nett für die vielen ernsten Themen, die in das Buch gepackt sind.

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