D 2016, Ullstein Verlag
Die Polizistin Klaudia Wagner, ziemlich angeschlagen nach einer schmerzhaften Trennung, inklusive Hörsturz, Tinnitus und Dauerschwindel, lässt sich vom Ruhrgebiet in den Spreewald versetzen. Hier will sie einen neuen Anfang wagen. Doch so einfach wie gehofft, ist der Übergang nicht. Der neue Chef will unbedingt in ihr Seelenleben eindringen, die Kollegen sind merkwürdig bis anhänglich und ein unbekannter Verehrer lässt sie nicht in Ruhe. Da wird in einem Haus im Spreewald, das der alten, verwirrten Frau Nowak gehört, ein Toter gefunden. Ernst König, wohlhabender Ingenieur aus Berlin, wurde erschossen. Verdächtig sind natürlich zunächst seine Frau und sein Sohn Sebastian. Der Tote scheint ein Verhältnis mit einer Angestellten, Tanja Heise, gehabt zu haben, die spurlos verschwunden ist. Frau König wehrt sich mit aller Macht gegen die „Unterstellung“, sie könnte etwas mit dem Tod ihres Mannes zu tun gehabt haben. Der Dienststellenleiter ist Klaudia auch keine Hilfe. Statt ihr Rückendeckung zu geben, fällt er ihr in denselben. Die Kollegen haben ihre eigenen Probleme, vor allem Uwe, bei dem Klaudia eine Wohnung gemietet hat.
Als Frau König stirbt, offensichtlich infolge des Schocks, dass ihr Mann ermordet wurde, wird die Situation nicht einfacher. Klaudia steht unter enormen Druck. Doch als sie eine Suchaktion nach der verschwundenen Tanja Heise startet, finden sie statt ihrer die Leiche einer Frau, die offensichtlich schon vor einigen Jahren gestorben ist. Irgendjemand hat sie in eine Decke eingewickelt und vergraben. Wer ist sie? Wie ist sie gestorben? Es stellt sich heraus, dass es sich bei der Toten um die vor vielen Jahren verschwundene Enkelin von Frau Nowak ist, die ständig wegen irgendwelcher Ereignisse bei der Polizei anruft. Es ist schwer, einen so alten Fall aufzurollen. Zeugen gibt es nicht mehr, die Zeit hat die Beweise zerstört, der einzige Hinweis ist ein Name: Achim. Klaudia macht sich auf die Suche.
Im Klappentext steht: „Die Sprache: Außergewöhnlich. Die Handlung: Verstörend. Die Figuren: Undurchsichtig.“ So ganz kann ich mich dem nicht anschließen. Die Sprache ist eigentlich nicht außergewöhnlich. Sie ist flüssig, die Geschichte ist gut erzählt, die Hauptfigur ist sympathisch. Die Handlung ist in den Zwischenkapiteln ist allerdings wirklich sehr verstörend. Dort ist eine Frau, eingesperrt, allein, unter heimlicher Beobachtung. Doch auch das ist nicht neu, man kennt es in abgewandelter Form bereits aus Jussi Adler-Olsens „Erbarmen“. Es braucht eine ganze Weile, bis der Leser diese Zwischenkapitel in den Gesamtzusammenhang einordnen kann.
„Spreewaldgrab“ ist ein solider Krimi, in dem auch ordentlich gemenschelt wird. Fast jeder Protagonist hat ein häusliches Problem, was er aber nicht mit jemand anders bespricht, sondern total in sich reinfrisst. Keine gute Idee! In dem einen oder anderen kann sich der Leser auch wiedererkennen. Sehr schön sind auch die – leider viel zu knappen – Beschreibungen des Spreewalds. Er kommt ziemlich idyllisch rüber (wenn man mal von den ganzen Leichen absieht). Ich bin mal gespannt, ob es einen Nachfolgeband gibt.