Chanel Cleeton: Wir träumten von Kuba
OT: When We Left Cuba, USA 2019, D 2020, Heyne Verlag
„Und wenn sich deine Hoffnungen niemals erfüllen? Was dann? Willst du als trauernde Witwe eines Landes enden, das es so nur in deinen Träumen gegeben hat?“
Der aktuelle Roman von Chanel Cleeton befasst sich, wie schon “Nächstes Jahr in Havanna” mit dem Leben der Familie Perez, die von Kuba vertrieben wurde und nun in den 60er Jahren in Palm Beach in den USA wieder von vorn anfangen muss. Der Vater versucht ein neues Imperium aufzubauen, damit seine Familie für immer abgesichert ist, die Mutter ist permanent auf der Suche nach einer guten Partie für ihre Töchter, die eigensinnige Beatriz und ihre Schwestern Isabel und Maria. Doch das ist nicht so leicht, denn es soll schon eine Ehe in die gute Gesellschaft werden und diese ist nicht gerade scharf auf kubanische Einwanderinnen, egal wie attraktiv.
Beatriz ist nicht der Typ, der konventionell alles mit sich machen lässt. Sie ist nicht interessiert an all ihren Verehrern, hat schon fünf Heiratsanträge abgelehnt. Ihr ganzes Streben dreht sich um den Tod Fidel Castros, der ihren Bruder Alejandro auf Kuba hat ermorden lassen. Ihr Ziel ist Castros Tod. Alles andere hat sich diesem glühenden Wunsch unterzuordnen. Sie lernt dennoch jemanden kennen, der die große Liebe ihres Lebens wird, doch auch diese Beziehung muss sich dem Plan unterordnen.
Der Roman spielt 50 Jahre vor dem ersten. Beatriz ist eine wirklich tolle Frauenfigur, eine Frau, die eine Mission hat, die sich den konventionellen Vorstellungen ihrer Eltern und ihrer Umwelt nicht unterwirft und vollkommen bereit ist, den Preis dafür zu zahlen.
Obwohl auch dieser Roman mal wieder versehentlich bei mir gelandet ist (kein Krimi!) habe ich ihn natürlich dennoch gelesen und mich nicht gelangweilt. Endlich mal eine Protagonistin, die nicht die Hauptfigur in einem Roman ist, der sich ausschließlich um die Liebe dreht. Sehr angenehm, denn manchmal hat man das Gefühl, das die meisten Schriftsteller:innen glauben, dass die Liebe Dreh- und Angelpunkt der Welt ist. Ist sie nicht. Es gibt noch sehr viele andere interessante Themen, die ein Leben ebenso erfüllen können wie eine glückliche Beziehung. Natürlich kommt auch dieser Roman nicht ohne Romantik aus, doch diese ist nicht von der kitschigen Sorte, viel eher eine relativ realistische Darstellung mit Höhen und Tiefen. Natürlich wünscht man der Heldin Glück und dass sie möglichst nicht von Castros Schergen umgebracht wird. Der politische Hintergrund ist hier allerdings mehr Beiwerk als im ersten Roman. Es fehlt der aktuelle Bezug zur heutigen Zeit, der mich im ersten Band so gepackt hat. Alles in allem eine unterhaltsame Urlaubslektüre.