D 2013, Heyne Verlag
Wohl darfst du mich küssen und weinen…
Erwin Düsedieker lebt zusammen mit Lothar, seiner Ente, in Versloh-Bramschebeck in der ehemaligen Polizeiwache. Er liebt es, in Gummistiefeln mit Lothar über die Felder zu wandern, je mehr es dabei unter seinen Füßen matscht, desto besser. Wenn er das nicht tut, und auch nicht bei Anni, der 80jährigen Besitzerin des Kramladens im Dorf einkaufen geht, folgt er seinen geheimen Leidenschaften: Lesen und Baden. Um das zu perfektionieren, hat er eine Badewanne in den Wintergarten gestellt und seine Bücherregale drum herum. Nur eine teilt sein Geheimnis: Anni, die ihm das Schaumbad besorgt. Das Dorf hält ihn für einen zurückgebliebenen Trottel, eine Ansicht, die er noch unterstützt, indem er mit der alten Polizeimütze seines verstorbenen Vaters herumläuft.
Eines Tages werden im Acker des Bauern Jasper Thiesbrummel die Knochen einer jungen Frau gefunden, die dort wohl schon sehr lange liegt. Kommissar Lars-Leberecht Heine beendet die Ermittlungen recht schnell. Todesursache war vermutlich eine Bombe im Zweiten Weltkrieg. Doch in der Nähe der Leicht findet Lothar im Dreck Papierreste, sehr viele, die Erwin mit nach Hause nimmt, um in Ruhe darüber nachzudenken. Diese Papierreste und das, was darauf geschrieben steht, weckt in ihm das Gefühl, das die Erklärung des Kommissars nicht stimmen kann. Auf seine ruhige, zähe und auch ein bisschen verwirrte Weise macht er sich daran, das Rätsel zu lösen. Wer war die Tote, wie war sie gestorben und warum? Was bedeuten die Runen an den Grabsteinen einer Männer, die 1930 geboren wurden? Mithilfe der alten Akten auf seinem Dachboden (vom ehemaligen Polizeirevier und zudem vom Pfarrhaus, das dort vorher gewesen war) und gefolgt von Lothar, seiner treuen Ente, mischt er sich in Dinge ein, die ihn eigentlich überhaupt nichts angehen und deckt dabei quasi per Zufall eine groß angelegte Verschwörung auf.
Es ist äußerst erheiternd, Erwin und Lothar zu begleiten. Allein die Namen der Mitwirkenden muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen: Paul-Gerhard Bartelweddebüx, Jasper Thiesbrummel, Arno Wimmelböcker… Einfach wunderbar. Diese ländliche Gegend, total rückständig – natürlich mal abgesehen von Jasper Thiesbrummels brandneuem John-Deere-Trecker, die skurrilen Figuren, die literarischen Anspielungen, die sich meist in als Bilder in Erwins Kopf manifestieren, sind wundervoll zu lesen. Aber es wäre kein Krimi, wenn es nicht die eine oder andere Leiche gäbe und mindestens einen ganz handfesten Bösewicht. Unglaublich unterhaltsam und dabei ganz und gar nicht dorftrottelig. Ein Highlight unter den deutschen Krimis.