Jussi Adler-Olsen: Erbarmen

OT: Kvinden i buret, Dänemark

Dieser Krimi hat mich noch tagelang beschäftigt, nachdem ich ihn zu Ende gelesen hatte. Kommissar Carl Mørck, der nach einem schweren Trauma wieder arbeitet, bekommt – damit er aus dem Weg ist – eine eigene Abteilung, Sonderdezernat Q, die speziell alte ungelöste Fälle wieder aufnehmen soll. Als einzigen Mitarbeiter wird ihm Hafez el-Assad, zugeteilt, der zwar ursprünglich so eine Art Hilfskraft sein soll, sich aber schnell als begabter Ermittler erweist. Das erweckt zunächst den Eindruck, als liefe die Geschichte auf so eine Art Buddy-Roman hinaus: zwei Fremde aus verschiedenen Kulturkreisen raufen sich zusammen und werden beste Freunde… Aber so ist es nicht. Es findet zwar eine Annäherung statt, doch Hafez ist viel vielschichtiger, als Carl auf den ersten Blick erkennt. Er ist ein sehr guter Ermittler, aber er auch einige Eigenschaften, die ziemlich undurchsichtig sind. Dennoch arbeiten sie gut zusammen.

Zufällig stoßen sie auf den Fall der jungen Politikerin Merete Lynggaard, die vor 5 Jahren spurlos von einer Fähre verschwand. Sie hinterließ einen schwerbehinderten Bruder, der inzwischen in einem Pflegeheim lebt. Es gab keinerlei Spuren, kein Motiv, absolut nichts. Inzwischen gilt sie als tot, weil man davon ausgeht, dass sie auf der Fahrt über Bord gegangen und ertrunken ist. Carl Mørck nimmt die kalte Fährte wieder auf, vor allem, nachdem er feststellen muss, dass die Kollegen mehr als schlampig ermittelt haben.

Die junge Frau ist jedoch nicht tot. Sie wurde aus Gründen, die ihr selbst unbekannt sind, entführt und wird seitdem (seit 5 Jahren) in einer absolut dunklen Druckkammer gefangen gehalten. Sie hat noch die Kleider am Leib, die sie bei der Entführung trug, keinerlei Hygieneartikel, kein Bett, kein Stuhl,  nichts zu tun… Eine grauenhafte Vorstellung! Durch die neuen Ermittlungen werden die Entführer aufgestört. Ein Wettlauf um die Zeit, um das Leben der jungen Frau beginnt.

Ein absolut superspannender Roman, den man aber wirklich nicht so einfach wegsteckt. Die Vorstellung, was diese arme Frau jahrelang ertragen muss, hat mich lange nicht losgelassen. Natürlich ist mir klar, dass es sich um eine fiktive Person handelt und dennoch: kann ein Mensch unter diesen Umständen überleben, ohne den Verstand zu verlieren? Ich glaube es nicht. In diesem Krimi wird so gut wie gar nicht gemordet und dennoch wirkt er viel intensiver als viele andere. Ein Psychothriller der besonderen Art. Ich bin schon sehr gespannt auf den nächsten Fall von Carl Mørck.

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