D 2016, Silberburg-Verlag GmbH
Ein totes Mädchen, das niemand vermisst
Bärbel Hummel, Thekenkraft in einer Kneipe, will ihren toten Hund begraben. Sie kann sich eine Tierbestattung nicht leisten, daher sucht sie im Wald nach einem Platz. Doch es kommt ganz anders, denn sie stolpert über die Leiche eines Kindes. Die Untersuchungen der Kripo Stuttgart ergeben, dass das Kind, ein Mädchen, nicht nur „einfach“ ermordet wurde, sondern einen außergewöhnlich schmerzhaften und grauenhaften Tod erleiden musste. Die Ursache… darf ich nicht verraten. Die Methode ist mir auch erst einmal vorher begegnet und es dauert eine Weile, bis die ermittelnden Beamten darauf kommen.
Kriminalkommissarin Corry Voss wird als Ermittlungsleiterin eingesetzt. Sie und ihre Kollegen ermitteln im Umfeld des Fundortes und stellen auch schnell die Identität der Kleinen fest. Ihr Name war Merle und sie lebte bei ihrer alleinerziehenden Mutter Julia Wiechmann. Natürlich untersuchen sie zunächst das Umfeld des Kindes. Sie sprechen mit den Nachbarn, mit Familie und Freunden. Einer der Nachbarn, ein Krankenpfleger namens Mark Bohn kümmerte sich um die kleine Familie, die alte Frau Engelbrecht passte oft auf die Kleine auf. Der geschiedene Ehemann von Frau Wiechmann zeichnet sich eher durch Unzuverlässigkeit aus. Es gibt viele Personen im Umkreis von Merle, doch es findet sich einfach kein richtiges Motiv. Corry, ihre Kollegen und die Staatsanwältin Arlet Cronmüller gehen jeder Spur nach.
Dieser Krimi wird als Baden-Württemberg-Krimi vermarktet. Ich frage mich immer öfter, warum das gemacht wird. Auf Teufel komm raus muss ein deutscher Krimi heute einen Ortsbezug haben. Das funktioniert meines Erachtens nur, wenn es um wirklich typische Dinge geht, zum Beispiel Dialekt oder typische Essgewohnheiten. Dieser Krimi hat das nicht nötig. Er spielt in Baden-Württemberg, aber er könnte auch in Bayern oder am Niederrhein spielen. Darauf kommt es nicht an. Das sei aber nur am Rande bemerkt.
Dies war einer der Krimis, die man in einem Rutsch durchliest. Ich habe zwar trotzdem lange gebraucht, aber das war der Tatsache geschuldet, dass ich ja neben dem Bücherlesen meine Brötchen verdienen muss. Sonst wäre ich in ein paar Tagen durch gewesen. Die Spannung in dem Buch baut sich langsam auf, doch das unheilvolle Gefühl, dass man beim Lesen hat, wird von Seite zu Seite immer stärker. Die Suche nach dem Mörder der Kleinen folgt nicht dem üblichen Schema. Was zunächst als das übliche „whodunnit“ beginnt, entwickelt sich zu einem Psychogramm. Gegen Ende gibt es sogar einen echt spannenden Showdown.
Laut Autorin ist „Morgen früh, wenn Gott will“ ihr Erstlingswerk. Das merkt man dem Buch nicht an. Es ist flüssig geschrieben: kein Wunder, Anita Konstandin ist Werbetexterin. Da sollte frau mit der Sprache umgehen können. Die Figuren sind in sich schlüssig, die Geschichte ist logisch und besonders positiv aufgefallen ist es mir, dass sie sehr gut die Gefühlswelt von Menschen vermitteln kann. Die bodenlose, komplett irrsinnige Trauer der Mutter kann ich mir bestens vorstellen. Wer jemals einen Menschen verloren hat, den man sehr geliebt hat, wie ein Kind oder einen Ehepartner, der kennt diesen schreienden Schmerz. Und der Schmerz der Mutter ist genau so.
Kleine Bemerkung am Rande: Den Titel „Morgen früh, wenn Gott will“ gab es als Titel schon einmal. 1993 erschien ein Thriller von Jan Burke mit dem gleichen (deutschen) Titel. Das fiel mir zufällig auf, als ich nach dem Titel gegoogelt habe. Eigentlich habe ich nach dem Kinderlied gesucht, das meine Mutter mir früher immer vorgesungen hat. Ich nehme an, dass dort der Titel des Buches herkommt.
Guten Abend, gut’ Nacht,
mit Rosen bedacht,
mit Näglein besteckt,
schlupf unter die Deck:
Morgen früh, wenn Gott will,
wirst du wieder geweckt.
Guten Abend, gut’ Nacht,
von Englein bewacht,
die zeigen im Traum
dir Christkindleins Baum.
Schlaf nun selig und süß,
schau im Traum ’s Paradies. (Quelle: Wikipedia)
Alles in allem ein sehr gut geschriebener und spannender Krimi. Ich hoffe, dass ein eben so spannender folgen wird.