Jussi Adler Olsen: Schändung

OT: Fasanræberne (Fasanentöter), Dänemark 2008, D 2010

Der zweite Roman um Carl Mørck vom Sonderdezernat Q ist genauso spannend wie der  erste. Carl und Assad, sein syrischer Kollege (Mitarbeiter, Hiwi, was auch immer) werden auf einen alten Fall angesetzt. Vor einigen Jahren wurden zwei Geschwister in einem Sommerhäuschen brutal ermordet. Der Mörder wurde verurteilt und sitzt seitdem seine Strafe ab. Doch irgendjemand reicht das nicht. Und bei näherem Hinsehen stellen sich auch immer mehr Ungereimtheiten heraus, z. B. dass der verurteilte Mann während seiner Zeit im Gefängnis immer reicher wird, oder auch, dass zur gleichen Zeit damals eine Häufung ähnlicher Verbrechen geschah. Die Opfer sind entweder verschwunden oder aber, falls sie überlebt haben, heute in sehr guten finanziellen Verhältnissen. Schon sehr früh werden Carl und Assad auf eine Gruppe Internatszöglinge aufmerksam, die inzwischen fast alle zu sehr reichen und mächtigen Stützen der Gesellschaft herangewachsen sind, fast unangreifbar und zu allem fähig. Doch es gibt eine Figur, die nicht in dieses Schema passt: Kimmie, die als Obdachlose durch die Straßen Kopenhagens unterwegs ist und ihre eigenen Pläne verfolgt.

Der dänische Titel „Fasanenjagd“ ist zwar zutreffend, da die Männer alle Jäger sind, doch der deutsche Titel „Schändung“ passt sehr viel besser. Eine kaputte Seele, schon als Kind körperlich und seelisch misshandelt, erholt sich nicht von allein. Ganz zwangsläufig führt die Häufung von Misshandlung und Missachtung im Kindes- und Jugendalter dazu, dass so ein Mensch als Erwachsener oft selbst zum Täter wird. Auch in diesem Thriller ist es so: ein Mensch ist sowohl Opfer als auch Täter und man weiß als Leser nicht, welcher Kategorie man ihn zuordnen soll. Die seelischen Abgründe, die Einsamkeit, der Selbsthass, der Hass auf andere, die Machtgier und nicht zuletzt die Freude an brutaler Gewalt führen auf geradem Weg in die Katastrophe.

Was mir auch gefällt, ist es, dass Carl einmal nicht der völlig frustrierte Kommissar ist, wie es so häufig in skandinavischen Krimis vorkommt, sondern auch ein Leben hat, wenn’s auch nicht der Knaller ist. Anscheinend sind die Dänen nicht ganz so düster drauf wie die Norweger und Schweden.

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