D 2016, OCM-Verlag
Hannibal Lecter lässt grüßen
Karl Ressler, genannt Karlchen, ist mit Abstand einer der widerlichsten Mörder, die je erfunden wurden. Hochintelligent und krankhaft bösartig, war schon mit fünf Jahren absolut perfide. Er mordet aus Vergnügen, wahllos und äußerst gnadenlos. Nachdem er wegen Vergewaltigung und Mord gesessen hat, ist er nun wieder auf freiem Fuß. Kurz darauf wird eine 14jährige tot und missbraucht aufgefunden. Kommissar Peer Modrich und seine Kollegin Guddi werden auf den Fall angesetzt. Modrich hatte Karlchen bereits beim ersten Mal überführt, wobei es sich als hilfreich erwies, dass er aus dem Ort stammt und die meisten Leute schon ewig kennt. Modrich versucht mit Hilfe von Meike, Karls Schwester, herauszufinden, wo Karl steckt und ihn aufzuhalten. Doch es ist schon zu spät, Karl Ressler hat bereits sein nächstes Opfer gefunden. Modrich und Guddi vermuten ihn irgendwo in der Gegend, bis Modrich eine Idee hat: er vermutet Karl in London. Doch das macht die Jagd nicht einfacher.
Wie bereits gesagt, ist Karl Ressler ein Serienmörder, der einem Alpträume bescheren kann. Er kommt mir vor wie eine Kreuzung zwischen Hannibal Lecter und „Das Omen“. Die Story ist eigentlich nicht schlecht, aber die Figuren sind eigentümlich flach und die Handlungen der Protagonisten sind einfach nicht logisch. So frage ich mich, wie jemand, der wegen eines so furchtbaren Verbrechens verurteilt wurde und erkennbar ein Psychopath ist, einfach so, ohne Auflagen wieder rauskommt und unbehelligt weitermachen kann. Und er ist noch relativ jung, daher kann er nicht sehr lange gesessen haben. Und seine besorgte Schwester, die ebenfalls sehr intelligent ist und schon als Kind mitansehen musste, wie ihr 5jähriger Bruder absichtlich ein Tier getötet hat, sitzt, während ihr Bruder wegen seiner neuerlichen Verbrechen gejagt wird, einfach gemütlich auf dem Sofa des Kommissars und ist fröhlich. Also, wenn das mein Bruder wäre, wäre ich garantiert nicht gut drauf. Auch die Beziehung zwischen Modrich und Guddi ist irgendwie nicht schlüssig. Die Interaktionen erscheinen nicht echt.
Dagegen ist es ganz interessant, dass die Handlung abwechselnd aus Modrichs Sicht und aus Karlchens Sicht geschrieben ist. So weiß man als Leserin immer, was bei den beiden Hauptfiguren jeweils vor sich geht. Insgesamt hatte ich beim Lesen den Eindruck eines Erstlingswerks, das aber viel versprechende Möglichkeiten bietet. Beim nächsten Fall wird es sicherlich besser und der wird sicher kommen, schließlich ist der Untertitel „Modrichs erster Fall“.
Aber, was mich wirklich total geärgert hat: auf Seite 103 wird Modrich von einer Frau angesprochen. „Sie mochte ungefähr sein Alter haben, auch wenn man das nicht sicher sagen konnte. Das Verfallsdatum, wo auch immer das bei ihr aufgedruckt war, konnte durchaus schon abgelaufen sein.“ Ja, geht’s noch? Verfallsdatum? Ab welchem Alter gehören Frauen auf den Müll? Mit 40, 50, 60? Hat der Autor sich vielleicht mal bei seinen Geschlechtsgenossen mittleren Alters umgesehen? Da bekommt frau oft genug das Grausen, und dennoch halten sich diese Herren für Gottes Geschenk an die Frauen. Frauen haben kein Verfallsdatum. PUNKT.