James Lee Burke: Flamingo

Ein Dave-Robicheaux-Krimi
OT: A Morning for Flamingos, USA 1990, D 2017, Pendragon Verlag

Die tapfersten und loyalsten und liebevollsten Menschen, die es auf der Welt gibt, sehen selten so aus, wie man sich Helden vorstellt…

Copyright: Pendragon Verlag

Dave Robicheaux, Polizist in New Iberia, soll zwei Gefangene, den sadistischen Auftragskiller Jimmie Lee Boggs und den jungen Schwarzen Tee Beau Latiolais in den Todestrakt von Louisiana überführen. Doch den beiden gelingt die Flucht und Dave wird schwer verletzt. Sein Partner ist tot. Dave braucht lange, um sich davon zu erholen. Doch nach einer Weile versucht er Tee Beau zu finden, dessen Großmutter von seiner Unschuld überzeugt ist.

Dave schuldet Tee Beau sein Leben, daher macht er sich ans Werk. Doch er kommt nicht weit und als das FBI ihm anbietet, in New Orleans undercover in der Drogenszene zu ermitteln, sieht er seine Chance gekommen, Tee Beau und damit auch Jimmie Lee Boggs zu finden. Boggs ist inzwischen für Tony Cardo, einen bekannten Drogendealer, als Auftragskiller tätig. Dave wird tief in die Drogenszene gezogen und trifft auf seine Vergangenheit in Gestalt einer verflossenen Liebe. Doch ist sie auf seiner Seite? Oder wird sie ihn verraten?

Wie immer ist James Lee Burke ein dichtes Meisterwerk gelungen. Die Figuren stehen der Leserin lebendig vor Auge. Burke zeigt auch die Vielschichtigkeit des Menschen. Tony Cardo ist ein Dealer, doch er ist nicht nur ein bösartiger Krimineller, sondern er hat auch andere Seiten, Dave selbst ist eine Mischung zwischen gnadenlos und zutiefst verletzlich. Er hat seinen eigenen Sinn für Gerechtigkeit und es fällt ihm schwer, Menschen zu verdammen, deren Handlungen er verstehen kann und deren Geschichte der eigenen ähnelt. Natürlich ist Jimmie Lee Boggs ein Bösewicht, wie er im Buche steht. Burke schafft es immer wieder, Gestalten zu erschaffen, an die man nach der Lektüre des Buches noch lange denkt.

Der Krimi ist von 1990, doch er kommt nirgends altbacken daher. Das einzige, was einem auffällt, ist die Tatsache, dass das heutzutage allgegenwärtige Handy fehlt. Ansonsten merkt man dem Buch das Alter von fast 30 Jahren nicht an. Die Rassendiskriminierung, die man eigentlich überwunden glaubte, ist hier noch allgegenwärtig. Und wenn man sich die heutige Realität in den USA – und speziell den Südstaaten – ansieht, hat sich seitdem nicht viel geändert. Dieses Thema kommt in allen Bänden der Reihe immer wieder vor. Burke sieht seinen Heimatstaat nicht verbrämt, obwohl er natürlich die Bayous und New Orleans so beschreibt, wie man sie sich als Leser vorstellt. Soziale Probleme werden nicht ausgeklammert, sei es das Verhältnis der Rassen zueinander, die Politik, die sich hauptsächlichen den Weißen und Reichen zuwendet, oder auch der Umgang der Amerikaner mit den Vietnam-Veteranen und nach ihnen denen aus den anderen Kriegen.

James Lee Burke ist nicht einfach ein Krimiautor, der nach dem Muster schreibt: Verbrechen – Wer ist der Mörder – Gefangen. Er ist wesentlich literarischer, seine Beschreibungen sind niemals oberflächlich und die Gedanken, die dahinterstehen, sind äußerst vielschichtig. Das kommt ganz besonders im Epilog des Buches ans Tageslicht. Wieder ein guter Thriller mit Dave Robicheaux in der Hauptrolle.

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