James Lee Burke: Sturm über New Orleans

OT: The Tin Roof Blowdown
USA 2007, D 2015, Pendragon Verlag

Titelfoto

Copyright: Pendragon Verlag

Pünktlich zum 10. Jahrestags der Katrina-Katastrophe bringt der Pendragon-Verlag den Roman von James Lee Burke heraus. Eindringlich schildert der Autor die Folgen des Sturms in Louisiana, im Big Easy. Hier geht es nicht nur um eine Naturkatastrophe extremen Ausmaßes, sondern vor allem um das Versagen der Verantwortlichen, die es versäumten, die Deiche auszubauen und einem Drama wie diesem vorzubeugen und zudem um das Versagen der Politik, aber auch des Einzelnen, in Punkto Menschlichkeit nach dem Sturm. Gerade die schwarze und arme Bevölkerung traf das Unglück mit voller Wucht: ihre Behausungen waren zerstört, niemand kümmerte sich darum, Politiker quatschten wie üblich aufgeblasene Floskeln, die Versicherungen (wenn denn welche vorhanden waren) verweigerten mit fadenscheinigen Begründungen ihre Leistung.

Und als wäre das nicht genug, waren Plünderer unterwegs, die den Armen noch das letzte bisschen nahmen, Menschen schossen wegen Kleinigkeiten auf die Nachbarn, Leichen schwammen umher. Hier zeigt sich Amerika von seiner schlechtesten Seite.

In all diesem Chaos ist Detective Dave Robicheaux aus New Iberia in der Nähe von New Orleans auf der Suche nach einem Mörder. Jemand hat einen schwarzen Jugendlichen erschossen und einen zweiten gelähmt. Die jungen Männer waren keine Unschuldsengel, doch ihr Tod muss trotzdem aufgeklärt werden. War es der Vater des Mädchens, das die drei vergewaltigt hatten? Oder ist der Mörder der örtliche Pate, dessen Haus die drei verwüstet und dabei alles mitgenommen hatten, was nicht niet- und nagelfest war. Und was hat es mit dem merkwürdigen Fremden auf sich, der Robicheauxs Tochter belästigt?

Dabei ist Robicheaux im zerstörten Louisiana unterwegs und hat dabei selbst damit zu kämpfen, dass Menschen verschwunden sind, die er schätzte, unter anderem der „gefallene“ Priester Jude LeBlanc. Begleitet wird er dabei von seinem Freund, dem ehemaligen Polizisten und heutige Privatdetektiv Clete Purcel. Dabei begeben sie sich in eine Welt von Armut und Hoffnungslosigkeit.

Dieser Roman ist nicht nur ein Krimi, sondern eine detaillierte Darstellung der Auswirkungen von Katrina. Das alte New Orleans ist für immer verschwunden und die Nachwirkungen sind bis heute spürbar. Natürlich wurde zuerst der gewinnbringende Teil wieder aufgebaut, damit die Touristen etwas zu sehen haben, doch bis heute ist nicht alles wieder aufgebaut.

Beim Lesen musste ich an das Jahrhunderthochwasser an der Elbe im Jahr 2002 denken. Das ist ein besseres Beispiel dafür, wie sich eine Katastrophe auswirken kann. Damals kamen Freiwillige ohne Ende aus allen Teilen des Landes, Nachbarn halfen Nachbarn. So sollte es eigentlich sein, doch denke ich, dass die USA einfach zu sehr auf Tugenden konzentriert sind, die zu Zeiten des Goldrauschs vielleicht noch funktionierten, heute aber überwunden werden sollten. Aber ein Gesetz gegen das Tragen von Waffen zu erlassen hat bis heute noch kein einziger Präsident geschafft und Obama wird es auch nicht hinkriegen.

James Lee Burke ist ein Vielschreiber. Ich muss zugeben, dass ich noch nie einen seiner Krimis gelesen habe, aber dieser hier hat mir sehr gut gefallen. Gut geschrieben und eine sehr eindringliche Atmosphäre.

 

 

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